Hier finden Sie Abstracts zu den über das Online-Handbuch publizierten Artikeln zu induktiv aus den Sprachkulturen erschlossenen Konzepten. Hierunter fallen grundlegende sprachkritische Themen wie etwa “Sprachnormierung und Sprachkritik”, “Standardisierung und Sprachkritik”, “Sprachpurismus und Sprachkritik”, “Sprachinstitutionen und Sprachkritik” oder etwa “Sprachideologien und Sprachkritik”. Über den Reiter “Sprachkritik – Europäisch” gelangen Sie zu den Vergleichsartikeln, die diese Themen in sprach- und kulturvergleichender Perspektive (im Deutschen, im Englischen, im Französischen, im Italienischen und im Kroatischen) reflektiert.
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Sprachideologien und Sprachkritik im Kroatischen
Abstract. Alle neuzeitlichen Entwicklungsphasen des Kroatischen waren auf der Makroebene ideologisch geprägt. In der Renaissance des 16. Jahrhunderts wurden, der Ideologie der Renaissance entsprechend, die regionalen Sprachvarietäten der Küstenregionen Dalmatiens zur literarischen Hochsprache erhoben und entsprechend als ursprünglich und den anderen Hochsprachen ebenbürtig begründet. Die ganze Varietätsbreite wurde in die neue Literatursprache aufgenommen und stilistisch differenziert verwendet. Seit dem 16. Jahrhundert entwickelte sich zudem im Nordwesten eine kajkavische dialektale Literatursprache, die in den späteren Jahrhunderten überdialektal wurde, aber im späten 19. Jahrhundert außerhalb der gewählten Standardnorm blieb und nachher nur noch vereinzelt auftrat. An der adriatischen Küste entstand im 16. Jahrhundert eine čakavische, dialektal variierende Literatursprache. Anders war es im 17. Jahrhundert, als die čakavischen und štokavischen, später auch kajkavischen Dialekte und ihre Äußerungsformen als Teile einer Sprache und Träger derselben überregionalen Identität verstanden wurden. Seitdem entwickelten sich Bestrebungen einer überdialektalen Unifizierung, angefangen beim Čakavischen und Štokavischen bis hin zu einer hybriden Sprache der Schriftsteller (aus dem sog. Ozalj-Zirkel) an der Grenze des Kajkavischen, des Čakavischen und des Štokavischen im Westen. Die Idee eines gemeinsamen lexikalischen Guts führte zu integrativ konzipierten Wörterbüchern und teilweise hybriden Grammatiklösungen. Des Weiteren wurde die Sprache im 17. Jahrhundert zum Zwecke der katholischen Kontrareformation auf Befehl Roms normiert. Diese zweckbezogene Norm war nicht direkt inklusiv; sie war eine abstrakte, historisch und literarisch rekonstruierte Sprachnorm, die Varietäten als gleichwertige Implementierungsmöglichkeiten zuließ. Diese Norm wurde für Übersetzungen biblischer Texte geschaffen und diente der Identitätsschaffung und -begründung. Am Anfang des 19. Jahrhunderts kam die politische und kulturelle Ideologie der Staatssprache hinzu. Jetzt war die angestrebte sprachliche Norm nicht mehr abstrakt, sondern in der kulturellen Geschichte und dem politischen Idealbild des nationalen Staates verankert. Im 20. Jahrhundert diente die teils gewaltsam normierte gemeinsame Sprache der Kroaten und Serben (die die Bosnier, Herzegowiner und Montenegriner außer Acht ließ) der politischen Ideologie des Vielvölkerstaates, der nach dem Ersten Weltkrieg entstand und nach dem Zweiten Weltkrieg im Kommunismus bis 1991 andauerte. Seit den späten 1960er Jahren ebneten einzelsprachliche Normierungsrevivals, besonders in Kroatien, den Weg für die nationale und sprachliche Ideologie, die zum Zerfall des Vielvölkerstaates Jugoslawien führte. Die postjugoslawische Sprachideologie geht zurück zu den historisch attestierten Sprachwurzeln und ergänzt die historisch bedingte Identitätskonstruktion durch Abgrenzung von den konkurrierenden Varietäten.
Den vollständigen, zitierfähigen Artikel verlinken wir Anfang Oktober 2025.
Sprachinstitutionen und Sprachkritik im Kroatischen
Abstract. In diesem Artikel werden Organisationen vorgestellt, die sich sprachkritisch mit dem Französischen auseinandersetzen. Eine Besonderheit der französischen Sprachkultur ist die Vielfalt und Anzahl dieser Institutionen in Frankreich selbst, aber auch in anderen Ländern und Regionen der französischsprachigen Welt. Die traditionsreichste Organisation, die 1635 gegründete Académie française, kooperiert und konkurriert heute mit zahlreichen anderen staatlichen und nicht-staatlichen Einrichtungen, wobei auch in der Sprachpflege selbst die Berücksichtigung des Französischen in der Welt und seiner Varietäten immer stärker ins Zentrum rückt. Die konkrete Spracharbeit der Organisationen fokussiert sich zumeist auf die Lexik und auf die Erweiterung des Wortschatzes sowie auf die Abgrenzung gegenüber anderen Varietäten und Sprachen. Als Mittel zur Verbreitung sprachkritischer Ideen gewinnen auch bei den Sprachpflegeorganisationen die modernen Medien zunehmend an Bedeutung. Sowohl Wörterbücher wie das der Académie française als auch die von staatlichen Terminologiekommissionen bzw. französischen Expertengruppen ausgearbeiteten Terminologielisten mit Ersatzwörtern für Anglizismen werden heute im Internet mit modernen Suchmasken und Nutzungsmöglichkeiten präsentiert. Die Internetpräsenz der sprachkritischen Instanzen ist zudem über eine jeweils eigene Seite mit Informationen, Berichten und sprachberatenden Foren zu einer Selbstverständlichkeit geworden.
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Sprachpurismus und Sprachkritik im Kroatischen
Abstract. Das herausragende Merkmal des langjährigen kroatischen Purismus ist seine enge Verknüpfung mit der Problematik des kroatischen Nationalgefühls und Nationalbewusstseins, die wiederum in Abhängigkeit zur politischen, kulturellen und sozialen Situation standen. Durch das Entfernen von Fremdwörtern aus der kroatischen Sprache, die entweder ins Kroatische übersetzt oder durch bestehende Wörter ersetzt wurden, versuchte man die sprachliche und nationale Integrität zu wahren. Abhängig von der politischen Situation richtete sich der Purismus gegen unterschiedliche Sprachen (vor allem Italienisch im 16. und 17. Jahrhundert, Türkisch im 18. Jahrhundert, Deutsch, Italienisch und Ungarisch im 19. Jahrhundert, Serbisch im 20. Jahrhundert und Englisch im 21. Jahrhundert). Da Purismus in der kroatischen Sprache oft mit rechten politischen Ideologien verknüpft ist und ihm ein übersteigerter Nationalismus vorgeworfen wird, wird der Sprachpurismus im gegenwärtigen Diskurs häufig kritisiert. Aktuelle sprachkritische Auseinandersetzungen bewegen sich dadurch im Spannungsfeld zwischen zwei Polen: Purismus und Apurismus.
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Standardisierung und Sprachkritik im Kroatischen
Abstract. Die Entwicklung der kroatischen Schriftsprache ist von einer langen Geschichte und kontinuierlichen Sprachtradition geprägt, welche schon mit dem Auftreten der ersten kroatisch geprägten altkirchenslavischen Texte in Dalmatien im 11. Jahrhundert begann. Die Idee eines kroatischen Nationalbewusstseins und eines Zusammengehörigkeitsgefühls wurde seitdem zu einer treibenden Kraft in der Entwicklung der kroatischen Sprache und ihrer Standardisierung. In diesem Sinne hatte die Normierung und später auch die Standardisierung des Kroatischen im Laufe ihrer Geschichte immer einen ideologischen, politischen und symbolischen Aspekt und war daher mit Sprachkritik, Sprachreflexion und Sprachpurismus eng verknüpft. Daraus resultierend bildete sich die typische Dynamik öffentlicher Sprachreflexion in Kroatien: Sprachkritische Diskussionen befassen sich mit der Etablierung der Sprachnormen, welche abweichende Formen (insbesondere lexikalische Einheiten) kritisieren und als weniger „kroatisch‟ bezeichnen. In diesem Zusammenhang entstand im Kroatischen eine Verbindung zwischen den Bemühungen einer Standardisierung und dem sozialen und politischen Wandel.
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Sprachnormierung und Sprachkritik im Kroatischen
Abstract. Sprachnormenkritik als Reflexion über die Angemessenheit der Sprache geht im Kroatischen bis in die Anfänge der Literatursprache in der Renaissance zurück. Die Reflexion über die Wahl der Varietät und Beschaffenheit des Kroatischen, basierend auf der Verbreitung und der Fähigkeit zum literarischen Ausdruck, geht implizit, im Sinne der Varietätenwahl, auf das späte 16. und frühe 17. Jh. zurück. Schon im Jahr 1595 entstand das Wörterbuch der „fünf edelsten Sprachen Europas“, darunter auch des Dalmatinischen Kroatischen von Faust Vrančić, das den Wortschatz mehrerer Varietäten beinhaltet. Neben diesem inklusiven Modell im Bereich der Lexik basieren die frühen grammatischen Überlegungen auf der Verbreitung und der kulturellen Bedeutung der Varietäten. Die erste Grammatik des Kroatischen datiert aus dem Jahr 1604 und wurde von dem kroatischen Naturwissenschaftler Bartol Kašić auf der Basis des meist verbreiteten Dialekts verfasst, obwohl dies nicht der ursprüngliche Dialekt des Verfassers war. Solche Überlegungen werden im 18. Jh. explizit formuliert und schaffen die Basis für die Standardisierung im 19. Jh. Seit der Kodifizierung am Anfang des 19. Jh. ist die Rede von der Sprachnorm (jezična norma). Die Termini Sprachkultur (jezična kultura) und sprachliche Korrektheit (jezična pravilnost) werden seit der (relativen) Etablierung der Sprachnorm Anfang des 20. Jh. verwendet. Explizite Sprachnormenkritik entsteht in den 1960er Jahren (Katičić 1963, 1965), wird in den 1970er Jahren atomistisch über vereinzelte sprachliche Äußerungen geführt, gewinnt jedoch in den 1980er Jahren an Schwung und ist seit den 1990er Jahren im Zuge der Neustandardisierung sehr prominent. In der neuesten Zeit, seit der Neuetablierung der kroatischen Norm, finden sich vermehrt Publikationen über die sprachliche Korrektheit (z. B. von Pranjković, 2010, Ogledi o jezičnoj pravilnosti ‚Betrachtungen über die sprachliche Korrektheit‘).
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